EFB-Forschungsbericht Nr. 215

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Untersuchung zum Umformverhalten von mit reaktiven Hotmelts vorbeschichteten Feinblechen und Halbzeugen

Verfasser:
Klaus Dilger, Stefan Böhm – Lehrstuhl für Klebtechnik der RWTH Aachen -
Volker Thoms, Philipp Lau - Institut für Produktionstechnik, Professur für Umform- und Urformtechnik der Technische Universität Dresden -
Klaus Dilger, Stefan Böhm - Institut für Füge- und Schweißtechnik (IFS) der Technischen Universität Braunschweig

ISBN 978-3-86776-172-7  -  124 Seiten, 74,90 €


Zusammenfassung

EFB/AiF-Forschungsvorhaben 64 ZBG

Beim konventionellen Bördelfalzkleben wird ein viskoser Klebstoff auf ein Außenblech raupenförmig aufgebracht. Nach Einlegen des Innenblechs wird das Außenblech um das Innenblech herum gebördelt. Bei dem Einlegen und dem anschließenden Bördeln kann es zu einem Ausquetschen oder Verschieben des Klebstoffs oder des Innenblechs kommen.

Dies führt zu einer Verschmutzung der Bleche oder der Bördelpresse oder zu fehldosiertem Klebstoff. Weiterhin kann viskoser Klebstoff im anschließenden Waschprozess aus dem Bördelfalz ausgewaschen werden, was zu einer Kontamination des Bades und aufgrund des fehlendes Klebstoffes zu Korrosionsproblemen in der Naht führen kann. Um diese Probleme zu lösen wurde im Rahmen des Projektes „Untersuchung zum Umformverhalten von mit reaktiven Hotmelts vorbeschichteten Feinblechen und Halbzeugen“ der Bördelfalzklebprozess mit vorappliziertem Schmelzklebstoff untersucht. Schmelzklebstoffe zeichnen sich dadurch aus, dass sie bei guten Haftungs- und Festigkeitseigenschaften vorappliziert werden können. Vorapplikationsmöglichkeiten bestehen mittels Schmelzklebstoffpulver oder –folie, mittels dispergiertem Schmelzklebstoff oder aus der schmelzflüssigen Phase. Beim eigentlichen Bördelprozess liegt der vorapplizierte Schmelzklebstoff dann trocken vor, wodurch die oben genannten Probleme viskoser Systeme vermieden werden können.

Der Prozess der Vorapplikation erfolgt in zwei Schritten: Zum Einen muss der Klebstoff aufgetragen werden und zum Anderen muss eine erste Benetzung und Anhaftung des Schmelzklebstoffs erfolgen, beim Dispersionsauftrag muss zusätzlich nach das Wasser oder das Lösungsmittel abdampfen. Die Benetzung und Anhaftung erfolgt durch einen Wärmestoss, dem sog. Ansintern. Die angesinterte Klebstoffschicht wird dann umgeformt. Ein weiter Aspekt beim Vorapplizieren ist die Möglichkeit der Lagerfähigkeit, d.h. vorbeschichtete Bleche können dem Bördelprozess auch Tage und Wochen später zugeführt werden. Dies wiederum ermöglicht eine Vorbeschichtung nicht nur der bereits umgeformten/tiefgezogenen Bauteile, sondern auch der nicht umgeformten Bauteile und sogar einer Vorbeschichtung des Coils. Im Rahmen dieses Projektes wurden in Absprache mit dem projektbegleitenden Ausschuss, der sich neben Anwendern aus der Automobilindustrie auch aus Anwendern aus dem Bereich der weißen Ware und dem Behälter- und Verpackungsbereich zusammensetzte, allerdings nur die beiden ersten Varianten untersucht und die Coil-Beschichtung nicht betrachtet. Da der Bördelprozess mit den vorbeschichteten Bauteilen erfolgt, wurde im Rahmen des Projektes die Umformbarkeit solcher Schichten bezüglich eines Bördelprozesses untersucht.

Da auch ebene Bleche vorbeschichtet und anschließend umgeformt werden kön-nen, wurden vorbeschichtete Bleche aber auch bezüglich einer Blechumformung und die Auswirkung der Umformung auf die Eigenschaften der Klebung untersucht. Die in diesem Projekt betrachteten Werkstoffe waren in den potentiellen Anwenderindustriezweigen „Automobilbau“, „Fass- und Behälterbau“ und dem Bereich der „weißen Ware“ üblichen Substrate wie z.B. Stähle in verzinkter und unverzinkter Ausführung, nichtrostende Edelstähle, Aluminiumbleche aber auch verzinntes Weißblech.

Der Prozess des Bördelfalzklebens mit vorapplizierten Klebstoffen verläuft ebenso wie der eigentliche Applikationsprozess 2-stufig. Erst wird der Klebstoff vorappliziert und angesintert und nach der Bördelung wird die Bördelfalzklebung in einem zweiten Temperaturschritt ausgeführt. D.h. der Klebstoff wird bei einer zweiten Erwärmung so niederviskos (schmelzflüssig), dass er das zweite Blech ebenfalls benetzt. Nach der Abkühlung bindet der Klebstoff ab (bei reaktiven Schmelzklebstoffen findet zusätzlich beim Aufschmelzen eine Vernetzungsreaktion statt) und die Klebung hat ihre Endfestigkeit erreicht.

Die Untersuchungen ergaben, dass mit vorbeschichteten Blechen sowohl eine Umformung der Bleche als auch der Bördelprozess, der im Rahmen dieses Projektes als Rollnahtbördelprozess ausgeführt wurde, möglich ist und der Einfluss auf die Klebung zwar messbar ist, in vielen Werkstoffkombinationen aber nicht so hoch ist, als dass die benötigten Eigen-schaften der Klebung nicht erreicht werden. Bei der Blechumformung der angesinterten Schicht zeigte sich eine Substratabhängigkeit und eine Abhängigkeit von der auf dem Substrat befindlichen Menge an Ölen oder Tro-ckenschmierstoffen. Die Haftung auf beölten Substraten in Abhängigkeit der Substrate ist beschränkt. Bei den meisten Substraten konnte 1g/m 2 Öl toleriert werden, bei verzinkten Blechen ergaben sich allerdings nur bei gereinigten ausreichend gute Eigenschaften.

Auch Trockenschmierstoff auf Aluminium konnte nicht ausreichend gut verklebt werden, es kam zu Ablösungen der angesinterten Schicht. Die Haftung auf beölten Substraten im Endzustand, also nach der 2. Wärmebehandlung ist aber in fast allen untersuchten Werkstoff-kombinationen gut. Selbst wenn es zu einem Ablösen während der Umformung oder der Bördelung kommt, ist der Prozess in der Lage, trotzdem gute Eigenschaften der Bördelfalzklebung zu erreichen. Besonders überzeugend waren die Ergebnisse auf nichtrostendem Edelstahl, obwohl diese Edelstähle als in der Regel schwer klebbar gelten. Die überzeugenden Ergebnisse sind zum einen daran begründet, dass auf Edelstahl i.d.R. kein Öl als Korrosionsschutzmittel eingesetzt wird und zum anderen an dem Fließverhalten der Edelstähle beim Umformen, das sich besonders gut für vorapplizierte Schmelzklebstoffe eignet.

Nach Diskussion mit dem projektbegleitenden Ausschuss und anderen Firmen der edel-stahlverarbeitenden Industrie wird vor allem hier im Bereich der nichtrostenden Edelstähle eine rasche Umsetzung der Forschungsergebnisse vor allem bei flächig vorbeschichteten Teilen gesehen. Auch der Fass- und Behälterhersteller aus dem Projektbegleitenden Ausschuss konnte mit Bördelflanschklebungen mit dem vorapplizierten Schmelzklebstoff die Eigenschaften seiner Fässer teilweise deutlich verbessern. Er prüft derzeit gerade den Einsatz dieser Technologie anstelle seines bisherigen Prozesses im eigenen Hause.

 


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