EFB-Forschungsbericht Nr. 597

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Materialgerechtes Thermoforming durch gesteuerte Werkzeugformelemente

efb-597

Verfasser:
Prof. Dr.-lng. Klaus Dröder, Dr.-lng. André Hürkamp, M.Sc. Jan Middelhoff, Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik, Technische Universität Braunschweig - Prof. Dr.-lng. Welf-Guntram Drossel, Dr.-lng. Wolfgang Zorn, Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik Chemnitz

100 Seiten - 75,00 EUR (sw, 42 teils farbige Abb., 7 Tab.)   Shop
ISBN 978-3-86776-656-2


Zusammenfassung

Viele Bauteile in der Automobilindustrie, wie Struktur- und Karosseriebauteile, werden traditionell ur- oder umformtechnisch hergestellt. Die etablierten Verfahren, wie Warmumformen bzw. Presshärten, sind hochproduktiv und auf die Herstellung automobilrelevanter Strukturbauteile ausgelegt. Prozessbedingt werden bei diesen Fertigungsverfahren Formwerkzeuge mit großer Abhängigkeit der geometrischen Ausprägung des Bauteils verwendet, die individuell für ihre Anwendung hergestellt und mit entsprechend hohen Investitionen verbunden sind.

Ausgehend von diesen Randbedingungen ergibt sich die Notwendigkeit, Prozessgrenzen und geforderte Bauteilkomplexitäten mit einem einzigen Werkzeug darstellen und zuverlässige Aussagen über das Prozessdesign und wirtschaftlichen Faktoren treffen zu können. Zur Steigerung der fertigungstechnisch darstellbaren Bauteilkomplexitäten können Werkzeuge mit gesteuerten Werkzeugformelementen zielführend sein.

Bei faserverstärkten Kunststoffen (FVK) und hybriden Materialien zeigen sich wirtschaftliche Herausforderungen in Märkten, die hohe Produktionsstückzahlen bedienen müssen. Dies ist einerseits mit hohen Materialkosten, andererseits auch mit langen Prozesszeiten zu begründen. Thermoplastische Faserverbundkunststoffe erlauben im Gegensatz zu duroplastischen kürzere Zykluszeiten in der Verarbeitung.

Daher etablieren sich neue, industrielle Verarbeitungsprozesse für FVK, die Ähnlichkeiten zur Blechverarbeitung aufweisen und zunehmend Einzug in Serienanwendungen finden. Zur Verarbeitung werden thermoplastische Faserhalbzeuge über Schmelztemperatur erwärmt, geformt und endkonsolidiert. Die Zykluszeiten von Verarbeitungsprozessen thermoplastischer Halbzeuge nähern sich zunehmend denjenigen Zykluszeiten blechumformender Prozesse an.

Das Thermoformen von Organoblechen, ein mehrlagiger 0°-90° gewebeverstärkter Faserverbundkunststoff, zählt daher zu den Prozessen, denen ein besonders hohes Weiterentwicklungspotential zugesprochen werden kann. Das Einsatzgebiet dieses Prozesses ist jedoch hinsichtlich der Bauteilkomplexität begrenzt, bedingt durch die Materialeigenschaften des Organoblechs. Das wesentliche Problem ist die fehlende Fließeignung in Abhängigkeit der Faserausrichtung im plastifizierten Zustand aufgrund der geringen Bruchdehnung der Fasern.

Daher stößt dieses Verfahren bei der Ausformung komplexer Bauteile, insbesondere bei großen Kavitätstiefen und sprunghaften geometrischen Übergängen (kleine Radien, scharfe Ecken, etc.) und dreidimensionalen Raumecken an seine Grenzen.

Aus diesem Grund befasst sich das Projekt mit der Untersuchung an gesteuerten Werkzeugformelementen. Durch die Entwicklung geeigneter Segmentierungs- und Sequenzierungsstrategien kann eine materialschonendere Umformung derartiger FKV-Materialien erzielt werden. Zur ressourcenschonenden Entwicklung eines segmentierten Werkzeugsystems wurden Strategien mithilfe der Finiten-Elemente Methode untersucht.
Die numerischen Umformmodelle sind dabei anhand umfangreicher Materialcharakterisierungen erstellt worden und bilden den Thermoformingprozess reproduzierbar mit hinreichender Genauigkeit ab.


Förderhinweis

Das IGF-Vorhaben „Materialgerechtes Thermoforming durch gesteuerte Werkzeugformelemente" der Forschungsvereinigung EFB e.V. wurde unter der Fördernummer AiF 20677BG über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Der Abschlussbericht ist als EFB-Forschungsbericht Nr. 597 erschienen und bei der EFB-Geschäftsstelle und im Buchhandel erhältlich.


Summary

Many components in the automotive industry, such as structural and body components, are traditionally manufactured using primary or forming technology. The established processes, such as hot forming or press hardening, are highly productive and designed for the manufacture of structural components relevant to the automotive industry.

Due to the nature of the process, these manufacturing methods use forming tools with a high dependency on the geometric characteristics of the component, which are individually manufactured for their application and are associated with correspondingly high investments.

Based on these boundary conditions, it is necessary to be able to represent process limits and required component complexities with a single tool and to make reliable statements about the process design and economic factors. In order to increase the complexity of the parts that can be produced, tools with controlled mould elements can be useful.

In the case of fibre-reinforced plastics (FRP) and hybrid materials, economic challenges are evident in markets that have to serve high production volumes. This is due to high material costs on the one hand and long process times on the other. In contrast to thermo-setting plastics, thermoplastic fibre composites allow shorter processing cycle times.

Therefore, new, industrial processing methods for FRP are becoming established, which show similarities to sheet metal processing and are increasingly finding their way into series applications. For processing, thermoplastic fibre semi-finished products are heated above melting temperature, shaped and final consolidated. The cycle times of processing semi-finished thermoplastic products are increasingly approaching those of sheet metal forming processes.

The thermoforming of organic sheets is therefore one of the processes that can be said to have a particularly high potential for further development. However, the field of application of this process is limited in terms of component complexity, due to the material properties of the organic sheet. The essential problem is the lack of flow suitability depending on the fibre orientation in the plastified state due to the low elongation at break of the fibres.
Therefore, this process reaches its limits when forming complex components, especially with large cavity depths and abrupt geometric transitions (small radii, sharp corners, etc.) and three-dimensional space corners.

For this reason, the project is concerned with the investigation of controlled mould elements. By developing suitable segmentation and sequencing strategies, a more material-sensitive forming of such FRP materials can be achieved. For the resource-saving development of a segmented tooling system, strategies were investigated using the finite element method.

The numerical forming models were created on the basis of extensive material characterisation and reproduce the thermoforming process in a reproducible manner.


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis und Formelzeichen
1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation
1.2 Anlass für das Forschungsvorhaben
2 Stand der Wissenschaft und Technik
2.1 Thermoplastische Verbundwerkstoffe
2.1.1 Thermoplastische Prepregs
2.2 Thermoformen von FKV
2.2.1 Segmentierte Werkzeugsysteme
2.2.2 Modellierung des Umformprozesses von FKV-Materialien
2.3 Fazit zum Stand der Technik
3 Forschungsziel und Vorgehensweise
3.1 Forschungsziel
3.1.1 Forschungsergebnisse
3.1.2 Innovativer Beitrag der Forschungsergebnisse
3.2 Methodischer Ansatz zur Erreichung des Forschungsziels
4 Materialcharakterisierung und Kalibrierung
4.1 Organoblech
4.2 In-Plane Zugeigenschaften
4.3 Out-Of-Plane Biegeeigenschaften
4.4 Untersuchung des Reibverhaltens
4.5 Thermische Eigenschaften
5 Numerische Untersuchungen zum Umformverhalten
5.1 Umformsimulation mit Napf- und Schalengeometrie
5.2 Umformsimulationen mit Demonstratorgeometrie
6 Untersuchungen am Technologiedemonstrator
6.1 Demonstrator- und Werkzeugentwicklung
6.2 Analyse der Prozessparametereinstellung
6.3 Analyse von Sequenzierungsstrategien
6.3.1 Untersuchungen an federkinematisch gesteuerten Formsegmenten
6.3.2 Untersuchungen an elektromechanisch gesteuerten Formsegmenten
6.4 Validierung am Technologiedemonstrator
7 Technologische Bewertung
7.1 Modularität
7.2 Temperaturführung
7.3 Bewegungskinematik
7.4 Wirtschaftlichkeit
7.5 Konzept zur KI-basierten Werkzeugentwicklung
8 Ergebnisse und Ausblick
8.1 Wissenschaftlich-technischer und wirtschaftlicher Nutzen der Ergebnisse für KMU
9 Literatur

 


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