EFB-Forschungsbericht Nr. 361

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IHU-Bauteile geringer Abmessungen aus Titanhohlprofilen

EFB-361

 

 

 

 

 

 



Verfasser:
Dr.-Ing. Dipl.-Oec. Rouven Nickel, Dr.-Ing. Georg Ullmann, Dr.-Ing. Malte Stonis, Dipl.-Wirt.-Ing. Karsten Müller, Dipl.-Ing. Johannes Knust, IPH Institut für Integrierte Produktion Hannover gGmbH - Prof. Dr.-Ing. Bernd Engel, Dipl.-Ing. Johannes Buhl, Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Montage, Universität Siegen

88 Seiten - 72,00 EUR (sw, 68 teils farbige Abb., 12 Tab.)
ISBN 978-3-86776-403-2


Zusammenfassung

In dem abgeschlossenen Forschungsprojekt „IHU Titanbauteile“ wurde eine mehrstufige Prozesskette zur Herstellung von Innenhochdruckumgeformten Hohlbauteilen aus Titan entwickelt. Dafür wurden die verfahrensspezifischen Grundlagen für die Innenhochdruckumformung von Titan ermittelt und anschließend in das Simulationsprogramm LS-DYNA überführt. Die mit Hilfe der Simulationen ermittelte Stadienfolge wurde anhand von Demonstra-torbauteilen überprüft.

Die Grundlagen zur Auslegung einer mehrstufigen Prozesskette von Hohlprofilen aus Titan Grade 2 (Ti2) wurden in zwei Unterpunkte, das Materialmodell und die Glühbehandlung, aufgeteilt. Zunächst wurde ein temperatur- und geschwindigkeitsabhängiges Materialmodell mittels Titanproben erstellt, um die Umgebungsbedingungen bei der Innenhochdruckumformung zu berücksichtigen und ein realistisches Simulationsmodell zu erhalten.

Dafür wurden Werkstoffkennwerte aufgenommen, die mit Hilfe eines mathematischen Modells beschrieben wurden. Aufgrund der geringen Wärmeleitfähigkeit von Titan und der gleichzeitig hohen spezifischen Wärmekapazität verteilt sich Wärme nur sehr langsam in der Probe. Diese Bedeutung der Temperaturinhomogenität im Messbereich der Probe ist stark von der Zuggeschwindigkeit abhängig. Mithilfe von Temperaturaufnahmen wurde der Einfluss für die Standardgeschwindigkeit quantifiziert. Es wurde ein Versuchsaufbau für isotherme Zugversuche entworfen und nahezu isotherme Fließkurven im Temperaturbereich von 20 °C bis 80 °C aufgenommen.

Verglichen mit der Fließkurve ohne Kühlung ist eine Zunahme der Dehnung und der Verfestigung zu verzeichnen. Je höher die Umgebungstemperatur, desto mehr nähert sich die Fließkurve im plastischen Bereich einer Geraden an. Isotherme Fließkurven verlaufen bei Variation der Geschwindigkeiten entgegen bisherigen Erkenntnissen parallel. Das Spannungsniveau steigt bei steigender Geschwindigkeit und sinkt bei steigender Probentemperatur.

Mit Hilfe der Untersuchungen konnte ein robustes Materialmodell erstellt werden, dass über Chargenschwankungen verifiziert wurde. Unterschiedliche Chargen können mit isothermen Versuchen durch einen Parameter (bei Ti2) abgebildet werden.

Nach dem Umformprozess sollte die Methode zur Ermittlung der Werkstoffdaten angepasst werden. So konnte gezeigt werden, dass beim nahezu isothermen IHU auch die Materialparameter isotherm ermittelt werden müssen. Mit Kegelaufweit- und Ringzugversuchen kann die Qualifikation für den IHU-Prozess nicht festgestellt werden. In Berstversuchen wurde die Qualität der Schweißnaht des Rohres unter Innendruck getestet. Eine Serie mit Berstversuchen inklusive zwischengeschalteter Glühung konnte die Prozesskette abbilden. Die mehrstufigen Zugversuche erreichten deutlich höhere Umformgrade beim Bruch. Die Glühparameter wurden an vorgedehnten Blechproben ermittelt. Bei der primären Rekristallisation kommt es durch die thermisch aktivierte Verschiebung der Korngrenzen zu einer vollständigen Neubildung des Kristallgefüges.

Es wurde festgestellt, dass für diesen Vorgang ein Mindestumformgrad, auch kritischer Verformungsgrad genannt, von φkrit = 0,05 bei Ti2 er-forderlich ist. Dieser sollte unbedingt bei der Auslegung von mehrstufigen Umformprozessen beachtet werden. Um später in den Simulationen mit realistischen Reibwerten zu rechnen wurden tribologische Untersuchungen durchgeführt. Es wurden verschiedene Schmiermittel getestet, die einen möglichst niedrigen Reibkoeffizienten aufweisen sollten, um den Materialfluss zu erleichtern und Anhaftungen von Titan am Werkzeug zu vermeiden. Dafür wurden Streifenziehversuche durchgeführt, bei denen ein Titanstreifen mit einer definierten Normalkraft auf eine Reibbacke gepresst und bewegt wird. Zwei Schmiermittel hatten einen Reib-wert von µ = 0,2. Dieser Reibwert wurde für die anschließenden Simulationen verwendet, da die restlichen ermittelten Werte zu hoch waren und daher keine Innenhochdruckumformung ermöglicht hätten.

Die durchgeführten Grundlagenuntersuchungen wurden als Materialmodelle in das FEM-Simulationsprogramm LS-DYNA überführt. Aufbauend auf diesen Simulationen wurde eine Stadienfolge zur Erzeugung von Hohlbauteilen aus Titan entwickelt. Es wurde ein zweistufiger Prozess entwickelt, bei dem ein maximaler Umformgrad von 33 % laut Simulationen erreicht wird. Es erfolgte zunächst die Simulation der ersten Stufe. Im Rahmen der Simulationen wurden die drei Parameter Dombewegung, Stempelbewegung und Druckkurve verändert. Weiterhin wurden Simulationen mit verschiedenen Fließkurven und Reibkoeffizienten durchgeführt, um später anhand der Demonstratorbauteile das beste Simulationsmodell auszuwählen.

Die Überprüfung der Simulationen erfolgte anhand von Demonstratorbauteilen, welche bei der fischer Hydroforming GmbH erstellt wurden. Im Rahmen der Herstellung der Versuchsbauteile konnte das Parameterfeld für die Innenhochdruckumformung von Titan ermittelt werden. Es wurde der Zusammenhang zwischen Stempelbewegung, Druckaufbau und Dombewegung ermittelt. Dafür wurden auf Basis der Simulationen die einzelnen Parameter variiert und die resultierenden Effekte beobachtet. Weiterhin wurde Versuche bezüglich des Schmiermittels durchgeführt. Es konnte ein Schmiermittel identifiziert werden, welches eine Umformung von Titan ohne Kaltaufschweißungen ermöglicht. Nach der Versuchsdurchführung der ersten Stufe wurden die Bauteile mit den ermittelten Parametern wärmebehandelt und anschließend in die zweite Stufe eingelegt. Auch in der zweiten Stufe konnte ein Parameterfeld identifiziert werden, mit denen sich das Demonstratorbauteil sicher herstellen lässt.
Das Ziel des Forschungsprojektes wurde erreicht und ist mittels IHU gefertigten T-Stücken aus Titan realisiert.

Das IGF-Vorhaben „IHU-Bauteile geringer Abmessungen aus Titanhohlprofilen“ wurde unter der Fördernummer AiF 16452N von der Forschungsvereinigung EFB e.V. finanziert und betreut und über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Der Abschlussbericht ist als EFB-Forschungsbericht Nr. 361 erschienen und bei der EFB-Geschäftsstelle und im Buchhandel erhältlich.

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1    Zusammenfassung
2    Wissenschaftliche, technische und  wirtschaftliche Problemstellung
2.1    Ausgangssituation und Problemstellung
2.2    Stand der Forschung
3    Gegenüberstellung der Ergebnisse mit den  Zielsetzungen
3.1    Forschungsziel
3.2    Angestrebte Teilergebnisse und im Projekt erzielte  Forschungsergebnisse
3.2.1    Materialanalyse - Werkstoffauswahl und Wärmebehandlungen
3.2.2    Analyse des tribologischen Systems
3.2.3    Umformverhalten des Werkstückes
4    Erzielte Ergebnisse
4.1    Materialanalysen
4.1.1    Einfluss der Probeninhomogenitäten auf das Messergebnis
4.1.2    Zugversuche nach DIN EN 10002 mit unterschiedlichen Dehnraten
4.1.3    Wärmeentwicklung an der Probenoberfläche während des Zugversuches
4.1.4    Variation der Umformtemperatur
4.1.5    Ermittlung der Anisotropie von Ti2
4.2    Anpassung des Zugversuchs für das Innenhochdruck-Umformen
4.2.1    Auswirkungen der isothermen Fließkurvenermittlung
4.2.2    Isotherme Zugversuche mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Temperaturen
4.3    Mathematische Beschreibung von Titan
4.3.1    Bestimmung der Koeffizienten
4.3.2    Prüfung des isothermen Materialmodells auf Chargenschwankungen
4.4    Grundlagenversuche zur Ermittlung der Rohreigenschaften
4.4.1    Kegelaufweitversuch nach EN ISO 8493
4.4.2    Ringzugversuche
4.4.3    Berstversuche
4.4.4    Wanddickenmessung der Rohre
4.5    Einfluss der Glühparameter für vorgedehnte Titanproben auf die maximale Umformbarkeit
4.5.1    Ermittlung der Dehnungen nach der ersten Umformstufe
4.5.2    Einfluss der Vordehnung
4.5.3    Einfluss der Glühdauer
4.5.4    Einfluss der Glühtemperatur
4.6    Mehrstufige Zugversuche mit Zwischenglühungen
4.7    Mikroskopische Untersuchungen
4.8    Berstversuche mit Zwischenglühung
4.9    Tribologische Untersuchungen und Schmierstoffauswahl
4.10    Entwicklung der Prozesskette
4.10.1    Prozessauslegung mittels FEM-Simulationen
4.10.2    Werkzeugauslegung und Anfertigung
4.11    Versuchdurchführung und Auswertung
4.11.1    Praktische Versuche
4.11.2    Abgleich Simulation mit Demonstratorbauteil
5    Innovativer Beitrag und wirtschaftlicher Nutzen
5.1    Innovativer Beitrag der Forschungsergebnisse   und Ausblick
5.2    Wirtschaftlicher Nutzen der Forschungsergebnisse
6    Literatur


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